Zehn Minuten
In den Hauptbahnhof einsteigen und quasi schon im Flug starten. Die Vision des ehemaligen Oberhaupts aller Bayern Edmund Stoiber klingt vielen Menschen heute noch in den Ohren. Wer den Subtext der kultverdächtigen Rede verstand, konnte herausfinden, dass mit Hilfe der Supertechnik des Transrapids der Münchener Hauptbahnhof auf direktem Wege mit dem Flughafen Franz Josef Strauß verbunden werden sollte – mit nur zehn Minuten Fahrtzeit.
Mehrere Jahre intensiver Planungen wurden in das Projekt gesteckt, schließlich zogen die Nachfahren Stoibers die Notbremse. Aufgrund explodierender Kostenprognosen wurde der vorerst letzte Versuch gestoppt, das technische Wunderwerk in Deutschland zu realisieren.
Der Transrapid ist ein Meisterwerk technologischen Fortschritts, damit aber auch ein potentielles Prestigeobjekt. Für ein solches werden in vielen Fällen alle Augen zugedrückt, wenn es um die Finanzierbarkeit respektive Wirtschaftlichkeit bei der Umsetzung geht. Der Transrapid ist in den letzten Jahren zum deutlichen Grenzfall dieser Praxis geworden.
Das Hauptproblem der Magnetschwebebahn ist die Inkompatibilität zum bestehenden Schienennetz. Ein Manko, das ein Verkehrsmittel wie der ICE nicht hat. Zudem ist der Aus- oder auch Neubau einer ICE Strecke weit billiger als die Errichtung einer Trasse der Magnetbahn.
Um dies gekonnt zu ignorieren wurde seinerzeit sogar eigens ein Gesetz verabschiedet, um eine Verbindung zwischen Hamburg und Berlin für den Transrapid zu realisieren. Darin wurde der Bedarf einer solchen Verbindung per Magnetschwebebahn schlichtweg vom Gesetzgeber beschlossen. Politik des Fortschritts unter Altkanzler Helmut Kohl.
Wenn die rot-grüne Regierungsarbeit von und mit Gerhard Schröder positiv in Erinnerung bleiben sollte, dann sicherlich aufgrund der Entscheidung, dieses Gesetz wieder aufzuheben.
Dass der Transrapid heute nicht zwischen Hamburg und Berlin verkehrt, hatte schon vor einigen Jahren den Grund der hohen Investitionskosten und absurden Vorrechnungen, welches Passagieraufkommen bereit sein sollte, den enorm hohen Fahrpreis zu bezahlen. Der ICE stellte sich als wesentlich günstigere und nur unwesentlich langsamere Alternative als die bessere Wahl heraus.
Umso erschreckender, dass es Planungen zum sogenannten Metrorapid gab. Ein 300 km/h schneller zug auf einer knapp 80 km langen Strecke, der im Zehn-Minuten-Takt zwischen Dortmund und Düsseldorf verkehren und noch satte fünf mal zwischendurch halten sollte. Auf einer Strecke, die neben der wieder nur unwesentlich langsameren Verbindung per ICE auch von Intercitys und S-Bahnen befahren wird.
Dass ein Mann, der eine solche Umsetzung für mehr als einen Witz am Stammtisch hält und entsprechende Planungen befürwortet bzw. anregt im Verlauf seiner Karriere noch Bundesfinanzminister werden kann ist wohl auch nur in Deutschland möglich.
Ausschlaggebend für die Niederlegung konkreter Pläne waren übrigens auch schon beim Metrorapid die ständig nach oben korrigierten Kostenpläne.
Unter diesen Gesichtspunkten ist es nicht überraschend, die Verbindung in München zwischen Bahnhof und Flughafen einen ähnlichen Tod sterben zu sehen. Dies muss doch längst allen Verantwortlichen klar gewesen sein – auch wenn letztlich keiner die Schuld am Scheitern des Projektes tragen möchte. Dass ein Kostenplan, der bereits 2002 erstellt und augenscheinlich weder überarbeitet noch in Frage gestellt wurde, sechs Jahre später nur noch sehr eingeschränkt mit der Realität überstimmt, ist nicht verwunderlich. Nachdem bereits zwei Projekte des Transrapid wegen ständig steigender Kosten eingestellt wurden hätte man gewarnt sein müssen. Im Hinblick auf die vorhergehenden Planungen sind die Kostensteigerungen in München ja fast noch als „Peanuts“ zu bezeichnen.
Aber auch wenn es schwer fällt muss man den politischen Verantwortlichen zumindest dazu gratulieren den Schlussstrich gezogen und die (hoffentlich) letzte Chance des Transrapid nicht zum Milliardengrab öffentlicher Gelder gemacht zu haben.
Peer Steinbrück hatte seinerzeit ein Einsehen und man entschied sich „gegen das Wünschenswerte und für das Mögliche“ (Quelle). Ich kann nur hoffen, dass das Kapitel einer Magnetschwebebahn – trotz seiner technischen Finessen – für unbestimmte Zeit geschlossen bleibt. Der ICE ist mit seiner konstanten Weiterentwicklung ein gutes und vor allem bezahlbares Verkehrmittel. Manchmal ist Evolution sinnvoller als Revolution.
28. März 2008 um 22:57 Uhr
Gut gesprochen. Der Transrapid gehört in eine Umgebung wo es noch kein bestehendes Netzsystem gibt, oder zumindest kein so gut ausgebautes wie das unsere. Ich bin gespannt ob es irgendwann mal in China die Möglichkeit gibt, die Strecke Honkong – Peking mit dem Transrapid zu fahren. Schön wärs ja eigentlich. Aber hier zulande war schon jeder Cent der in die Planung dieses Mammutprojekts gesteckt wurde ein Cent zuviel.
29. März 2008 um 00:23 Uhr
Das problematische an der Sache ist, dass echte Werbung nur mit einer ernsthaften Realisierung gemacht werden kann. Die Teststrecke in Lahten ist dafür nicht geeignet. Ein Regelbetrieb in Europa ist von Nöten – so teuer das auch ist.
Das China-Argument lasse ich nicht gelten. Denn es soll auch schon Kopien großer deutscher Automarken aus China geben… Dort geht es in erster Linie darum, Einblicke in die technologie zu bekommen, um diese zu anektieren.
Die bisherigen Projekte waren allesamt eigentlich hahnebüchen, jedoch gäbe es auch in Deutschland die Möglichkeit, einen Zug wie den Transrapid sinnvoll zu nutzen – jedenfalls sehe ich einen größeren Sinn darin, eine Technologie zu unterstützen, die ein hohes Zukunftspotential entwickeln kann, als einen Bahnhof in einer großen schwäbischen Stadt unter die Erde zu verlegen und um 90° zu drehen, um ein paar Minuten Fahrtzeit zu sparen.
„Dazu ein Auszug aus der Wikipedia Das Eisenbahnprojekt Stuttgart 21 wurde nach Angaben der DB ProjektBau GmbH bisher auf ca. 2,6 Mrd. € (Preisstand 1998) veranschlagt. Die Projektkosten für Stuttgart 21 liegen nach Angaben der Bahn bei 2,8 Milliarden Euro (Stand: 2007). Nach Berechnungen des Bundesverkehrsministeriums sind Kosten in Höhe von 2,95 Mrd. Euro zu erwarten.“ – und mir sagt nochmal einer die Schwaben seien geizig…
Dagegen wirken übrigens jene 60 Millionen € die der Essener HBF über den Daumen gepeilt in seiner RENOVIERUNG kosten wird, sehr niedlich wie ich finde.
Ich denke einfach, dass man zwar nicht aufhören sollte, in die Schiene zu investieren, aber ein Zug ist in der Energieeffizienz bei weitem nicht so wirtschaftlich wie der Transrapid! Quelle folgt nach verifizierung.
Man hat auch nicht an der Kutsche festgehalten, obwohl ein Schienennetz aufzubauen ganz schön teuer gewesen sein muss!