Sport? Politik? Sportpolitik!
Zur Zeit fahre ich jeden Morgen auf der Strecke von zu Hause zur Arbeit auch an der Eishalle in Essen-West vorbei. Kurz darauf passiere ich das ehemalige Areal das Nöggerathbades in Frohnhausen, um dann irgendwann in Mülheim am frisch umgebauten Naturfreibad vorbeizurollen. Schaue ich dann auf die Eishalle, denke ich an das Georg-Melches Stadion in Borbeck, denn die beiden Bauten haben eins gemeinsam. Sie sind nicht mehr zeitgemäß und ein Neubau würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die drohende Pleite des jeweils ansässigen Vereins verhindern.
Die Stadt jedoch hat kein Geld und die hiesigen Unternehmen investieren lieber in den eigenen Standort, anstatt in zweit oder drittklassige Clubs zu investieren, schliesslich werfen diese ja keinen Gewinn ab – eher im Gegenteil, derzeit schreiben beide Vereine noch tiefrote Zahlen. Warum also in diese Sportstätten investieren?
Gleiches gilt auch für die Essener Schwimmbäder. Im sogenannten „Masterplan Sport“ sind vor allem Schliessungen vorgesehen, um die Bäderlandschaft wieder auf Vordermann zu bringen! Warum die Schliessungen alle im sowieso schon arg gebeutelten Nord-Westen Essens stattfinden müssen ist wohl allein das Geheimnis der Gutachter und der Stadtväter. In Rüttenscheid hingegen soll das dortige Bad ausgebaut und saniert werden – befindet sich ja schliesslich im schönen Essener Süden. Was treibt die Stadt zu einer solchen Politik? Es wird zum einen angeprangert, wie sehr sich die Jugend daneben benimmt, nur auf der Straße rumlungert und säuft, etwas für die Freizeitgestaltung selbiger zu tun ist allerdings leider nicht möglich, jedenfalls nicht im Norden.
Ich kann nachvollziehen, dass die Oase, als völlig fehlgeplantes Spaßbad, geschlossen werden soll. Das Hesse in Dellwig weichen soll ist mir jedoch ein absolutes Rätsel. Das zentral gelegene Borbecker Bad in eine Randlage zu verschieben wäre geradezu ein Fiasko in meinen Augen. Es bietet sich hier also wieder das gleiche Bild. Viel zu lang vernachlässigte Bauten sind zu teuer geworden in der Erhaltung. Auf der einen Seite leiden die Vereine darunter, da sie egal in welcher Liga weniger Einnahmen erzielen (und somit weniger Steuern zahlen), als sie in einer neuen und modernen Spielstätte könnten. Auf Bäderseite werden die Anwohner darunter leiden. Es wird ein großer Teil Lebensqualität verloren gehen! Die angeführten Argumente, es gäbe genügend Bäder im direkten Essener Umland sind für mich eine Farce. Höhere Anfahrtskosten, viel höhere Eintrittspreise. Für manchen Dellwiger oder Borbecker nahezu unbezahlbar!
Kurz gesagt Essen und Sport – im Moment eher eine Zwangsmaßnahme ähnlich dem Schulsport bei aufgebrezelten sechzehnjährigen Mädchen…
Doch was übersehen die Konzerne und die Stadt großzügig, vor allem in der Stadionpolitik? Erfolgreiche Vereine bringen Geld in die Stadtkassen. Jedoch kann man an der 1. und 2. Liga beider Sportarten sehen, dass vergammelte Spielstätten den Vereinen nicht genügend Geld in die Kassen spülen um sich dauerhaften Erfolg zu sichern. Die milliardenschweren Essener Konzerne könnten sich hier gleich doppelt ein Denkmal setzen und auf ewig postitiv im Essener Sport verankert sein. Zur Zeit stellen sich jedoch Stadt und Unternehmen quer. Es ist noch das Gegenteil zu beobachten. Die großen Konzerne ernten das, was andere aufgebaut haben und engagieren sich in der Bundesliga oder DEL bedeutungsschwanger auf der Brust großer Vereine, ohne jedoch am Wachstum selbiger mitgewirkt zu haben – ist ja schließlich auch kein Risiko einen gestanden Verein zu unterstützen.
Mit ein bisschen Wehmut schaue ich dann nach Hoffenheim. Einem eher kleinen Nest, welches seit neuestem einen Zweitligisten sein eigen nennt, der seit kurzem mit dem Geld der Firma SAP erfolgreich wirtschaftet, eine Grundlage für die Zukunft gelegt hat und nun vor dem Aufstieg in die erste Liga steht. Dieser Verein kam aus dem Nichts – Dietmar Hopp wird aber auf lange Zeit dort nicht vergessen werden, denn er hat etwas aufgebaut. Nicht nur mit Geld, sondern auch mit Leidenschaft. SEIN Verein, in dem er in der Jugend gekickt hat, ist mit einer gesunden Mischung aus Sponsoring und gezielter Jugendarbeit zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor der Region aufgestiegen. Über kurz oder lang wird sich dieser Verein selbst tragen und Dietmar Hopp wird zufrieden auf sein Werk blicken können und mit Stolz sagen können, dass er großes für eine Region geleistet hat.
Hier in Essen dagegen wird der Sport mit Füßen getreten. Er ist ja schlussendlich nur ein Amusement für den unerwünschten Mob. Leute mit Geld gehen nicht in das alte, vergammelte Stadion. Und genau hier beisst sich die Katze in den Schwanz! Essen würde medial erwähnt, wenn wir Spitzensport bieten könnten. Aber etwas dafür bezahlen, dass es soweit kommt will keiner! Der Verein wird immer weiter an den Rand der Existenz gedrückt. Es gibt Bundesligavereine, die hin und wieder weniger Zuschauer bei einem Spiel haben, als der RWE in der dritten Liga, was haben wir davon? Nichts. Denn der Verein in der Bundesliga hat mit seinem modernen Stadion auch mich weit weniger Leuten höhere Einnahmen!
Essen verpasst also Chancen. Zum einen die Jugend von der Straße zu holen und zum anderen im Fernsehen als tolle Stadt mit tollen Vereinen vorgestellt zu werden! Von der Frauen-WM wolleln wir gar nicht reden…
Ich bin sehr gespannt, was nun passieren wird, wenn der zweite Essener Verein Schwarz-Weiß, tatsächlich aufsteigt. Dann wird dieser Verein nämlich vor das Problem gestellt, dass seine alte Spielstädte, der Uhlenkrug laut Statuten des DFB nicht mehr tauglich ist. Es müsste also auf lange Sicht ein Umzug ins gammelige Georg-Melches Stadion erfolgen, oder gar ein Aus- bzw. Umbau des Uhlenkrugs! Dieser befindet sich im schönen Essener Süden. Ein Schelm, wer böses dabei denkt…
18. März 2008 um 12:16 Uhr
Gerade was den Fußball angeht ist die Situation in Essen sehr bitter. Von den zehn größten Städten in Deutschland können immerhin sieben einen Erstligisten aufzeigen, mit Köln rangiert ein potentieller Erstligist in der zweiten Liga. Nur Essen und Düsseldorf (beides geringfügig kleinere Städte als Dortmund) dümpeln in der Regionalliga herum. Eine sehr unbefriedigende Situation, wenn man sich anschaut, dass der BVB problemlos 80.000 Menschen zu seinen Spielen ins Stadion bringt. Trotzdem fehlt es nicht nur an Geld – der BVB hat letztlich sehr erfolgreich bewiesen, dass Geld allein keinen Erfolg garantiert. Es bedarf auch eines Konzeptes, welches erfolgreich umgesetzt werden kann.
Ich denke, der RWE sollte vor allem an seinem Image arbeiten. Ein Verein, der auch in der dritten Liga solch viele Zuschauer aufweisen kann, müsste sich in der Öffentlichkeit viel besser darstellen. Das Ruhrpottimage wird von Dortmund und Schalke gut vermarktet – warum klappt so etwas in Essen nicht?
Der Masterplan Sport ist sicherlich ein Schritt in die falsche Richtung. Warum Werbung dafür gemacht wird, dass Kinder Sport treiben sollen, aber Vereinen immer weniger Sportstätten zur Verfügung stehen weiß ich nicht. Warum ein Bürgerentscheid aber auf so wenig Resonanz in der Bevölkerung stößt, kann ich allerdings auch nicht verstehen. Offensichtlich ist beschweren tatsächlich einfacher, als sich für etwas – und sei es nur eine Stimmabgabe – einzusetzen.
18. März 2008 um 15:22 Uhr
Der Bürgerbescheid, von dem Christian gesprochen hat, war aber auch ein schlechter Scherz. Leider hab ich den Zettel nicht aufgehoben, aber irgendwie konnte ich danach verstehen, warum wenige abgestimmt hatten.
Zum einen wurde der Entscheid über den Masterplan Sport an den Entscheid über den Erhalt der öffentlichen Ver- und Entsorgungsbetriebe gekoppelt, es gab nur eine Stimme, und ich denke dass bei den beiden Themen, die nur sekundär etwas miteinander zu tun haben, die Meinungen stark auseinander gingen. Das es nur eine Stimmt gab, war nicht gelungen.
Das andere Problem war, glaube ich, dass kaum einer den „Satz“ des Bürgerbescheids verstanden hat. Ich musste mir den Wisch etwa 3x durchlesen, bevor ich überhaupt sicher war, ob ich jetzt JA oder NEIN akkreuzen sollte, wobei ich ganz sicher gegen den Masterplan Sport war. Aber dieser eine Satz des Bürgerbscheids war so lang, verschachtelt und kompliziert, dass ein Abi echt hilfreich war um ihn zu verstehen. Dass man da lieber nicht abstimmt, versteh ich sogar fast…
18. März 2008 um 17:47 Uhr
„Sind Sie dafür, die stadteigenen Sportstätten (Bäder, Turnhallen, Sportplätze), soweit es sich nicht um Verlegungen wie bei der Sportanlage Windmühle handelt, zu erhalten?“
Wenn man für diesen Satz Abitur braucht ist das ein Grund über die geistigen Fähigkeiten der hiesigen Schüler- bzw. Gesellschaft zu diskutieren. Dass die Formulierung zum Bürgerentscheid „Essen ist unser!“ wesentlich umfassender war, will ich dagegen gar nicht abstreiten. Die Abstimmungen hatten inhaltlich nichts miteinander zu tun, deshalb nahm man dies zum Anlass auch getrennt darüber abzustimmen – wenn auch am selben Wahltag.
Unter diesen Links (Essen ist unser / Masterplan Sport) wurde daher auch zu jeder Frage ein eigenes Ergebnis veröffentlicht.
18. März 2008 um 22:25 Uhr
Is ja gut, Kommentar zurückgezogen
18. März 2008 um 23:33 Uhr
Und jetzt haben wir uns alle wieder lieb
Ich möchte bitte, dass ihr sauer auf die Stadt Essen seid und nicht euch gegenseitig fresst, ihr seid doch als Leser und Autor das Kapital von zwei-meinungen.de. Das ist gleichzusetzen mit einem erfolgreichen Fußballverein und seinem Fan, der eine kann ohne den anderen nicht. Natürlich nur sinnbildlich passend zum Beitrag geschrieben 😉
19. März 2008 um 08:34 Uhr
Ich hab sowieso alle Leute lieb. Es sollte auch nur eine Korrektur sein. Außerdem bestätigt es ja meine Ansicht, dass so ein Bürgerentscheid nur etwas bringt, wenn man die Menschen auch darüber informiert.
19. März 2008 um 15:39 Uhr
Ich glaub zwar nicht dass Christian alle Leute lieb hat, aber ich hab den Eintrag auch als korrektur angenommen. Von daher is alles fein, glaub ich… außer ich darf hier nie wieder meinen Senf dazu geben *schnief*
19. März 2008 um 16:26 Uhr
Solltest du hier nie wieder deinen Senf dazu geben, prophezeie ich dir eine unbequeme Zukunft, da ich das Quengeln beginnen würde ^^
19. März 2008 um 19:01 Uhr
Okay, ich habe fast alle lieb. Aber wenn ich wen nicht lieb habe, dann sag ich dem das ganz deutlich. Abgesehen davon musst du doch weiter schreiben, am besten immer gegen Björns Meinung, damit der meckert, dass ihn alle zanken wollen.
11. April 2008 um 23:02 Uhr
[…] was wir gemeinhin als “östliche Länder” (also Ukraine, etc) bezeichnen… Müsste mal genauer nachgucken. Ist schon eine Weile her. MfG […]