Tun, was alle tun
Und wieder ein Umzug nach Berlin. Nachdem schon viele Unternehmen ihren langjährigen Standort aufgegeben haben, um sich in Berlin niederzulassen, darf sich nun auch endlich die Redaktion der BILD neue Visitenkarten zulegen. Der alte Sitz in Hamburg genügte offensichtlich nicht mehr, um in der heutigen Medienwelt bestehen zu können und so zogen die Redaktionen von BILD und ‚BILD am Sonntag‘ ins Axel Springer Hochhaus. Warum? Gute Frage.
Zum Glück klärt uns Kai Diekmann – seines Zeichens Chefredakteur der BILD – über die Gründe des Umzugs auf. So beantwortet er die Frage nach dem warum in seinem Kommentar folgendermaßen:
Weil Berlin das politische Zentrum ist. Weil hier die Entscheidungen fallen, die uns alle betreffen. Weil wir hier näher an den Entscheidern sind. (Quelle)
Im Idealfall lasse ich eine solche Aussage als abgedroschene Phrase stehen. Da ich vermute (leider konnte keine Quelle gefunden werden, um dies eindeutig zu belegen), dass auch in der BILD Redaktion keine Postkutschen mehr verwendet werden, sondern auf Handys und das Internet zurückgegriffen wird, erscheint mir diese Aussage gewagt. Wobei ich anmerken möchte, dass bei der Geschwindigkeit, mit der unsere politischen Entscheidungsträger in Berlin arbeiten, eine Postkutsche als durchaus ausreichend empfunden werden könnte. Dennoch kann die Nähe zwischen der bis dato in Hamburg sitzenden Redaktion und den Informationsbeschaffern vor Ort in Berlin wohl kaum den Umzug der gesamten Abteilung rechtfertigen.
Die eigentlichen Gründe für den Umzug sind doch viel simpler, auch wenn es niemand so ausspricht. Wie kann man heute noch ein großes Unternehmen, eine einflussreiche Zeitung oder sonst in irgendeiner Weise wichtig sein, wenn man keine Visitenkarte mit Berliner Anschrift vorzeigen kann? Berlin hat es geschafft, sich selbst zur „must-have-Adresse“ hochzujubeln. Weil man nur in Belin „nah dran“ ist.
Das muss man der BILD Redaktion gar nicht gesondert vorhalten, viele Unternehmen sind in den letzten Jahren ihrer oft über Jahrzehnte angestammten Umgebung entflohen und haben sich in Berlin eingenistet.
Ausgerechnet Berlins Primus Klaus Wowereit macht mir – trotzdem seiner die BILD willkommen heißenden Post – Hoffnung. So steht geschrieben:
Einer der größten Schätze Berlins ist die besondere journalistische Vielfalt. Am Markt herrscht ein harter Wettbewerb. Ich wünsche der ganzen Branche, dass am Ende die Qualität siegt. (Quelle)
Das wünsche ich mir auch. Allerdings weiß ich nicht, ob sich der Umzug der BILD Redaktion dann noch rentieren wird.
24. März 2008 um 14:23 Uhr
Ich kann natürlich den Umzug der BILD-Redaktion absolut nachvollziehen, denn schließlich bauen meine besten Freunde – die Jungs von der Bahn, gerade an der Schnellbahntrasse zwischen Hamburg und Berlin, welche dafür komplette gesperrt werden musste. So ist es doch verständlich, dass die BILD diesen wichtigen Schritt getan hat, da ja die Postkutschen leider vom Markt verdrängt wurden. Da des Weiteren ja immer mehr Seekabel des Internet beschädigt werden und zwischen Berlin und Hamburg viel Wasser liegt, kann ich deine Kritik an diesem wichtigen und unausweichlichen Schritt nicht verstehen. Wer seriösen Journalismus betreiben will, muss auch danach leben…
So und nun höre ich auf mit dem Quatsch und erwähne zum Beispiel so Unternehmen wie Coca-Cola, die hier in Essen eine der besten Infrastrukturen in alle Richtungen von Deutschland hatten um dann nach Berlin zu ziehen, oder im „kleinen Rahmen“ die Firma Arcandor, die seit vielen Jahrzehnten als Karstadt in Essen beheimatet ist und nun in die „Medienhauptstadt NRWs“ – Düsseldorf drängt. Was die da wollen wissen sie wohl nur allein. Als Bank muss man nach Frankfurt, als Mafiosi nach Duisburg. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass viel Geld, das an uns verdient wird, in teure Architektur und Umzüge gesteckt wird, damit wenigstens der äußere Schein gewahrt bleibt. Wer aber genau hinschaut wird sehen, dass nicht alles so schön funktioniert, wie sich die Macher das vorstellen. Denn in Berlin am tollen Potsdammer Platz werden die ersten Gebäude schon wieder veräußert, da der erhoffte Anziehungseffekt nicht eingetreten ist. Mit ein bisschen Glück erleidet die BILD dadurch einen herben Schlag, wobei mir dann natürlich ein wenig der unglaubliche Spaß bei der Lektüre dieses komischen Blattes abgehen würde.